Mein Freiwilligendienst – die ersten Wochen

Vor etwa sechs Wochen habe ich das letzte Mal über meinem Freiwilligendienst berichtet – zu einem Zeitpunkt, an dem mein Freiwilligendienst offiziell noch gar nicht angefangen hatte. Das was ich bisher über meinen Freiwilligendienst berichtet habe, stammt noch aus der Zeit während meines zweiwöchigen Spanischkurses, wo ich aber die Organisation bereits ein bisschen kennenlernen durfte.

Es ist also an der Zeit, mal wieder zu berichten. Der letzte Stand war, glaube ich, dass ich im Kindergarten arbeiten werde. Es ist aber ein bisschen anders gekommen:

Gleich in den ersten Tagen habe ich den Kindergärtnerinnen offen und ehrlich gesagt, dass es mir – lieb ausgedrückt – keine Freude bereitet, mit zweijährigen Kindern zu arbeiten, und dass ich es vermutlich kein ganzes Jahr schaffen werde. Die Reaktion war für mich in der Situation einfach toll. Die Kindergärtnerinnen hatten vollstes Verständnis und sofort habe ich andere Aufgaben bekommen. Jetzt macht mir die Freiwilligenarbeit sehr viel Spaß, denn sie ist interessant und könnte nicht wechselseitiger sein. In der „Fundación Sembrar Esperanza“ arbeite ich mit den nettesten Leuten zusammen und direkt in einer WG auf dem Gelände lebend, sind die Menschen in der Organisation wie eine riesige Gastfamilie für mich.

Jede Woche startet bei mir so: Ich stehe um 7 Uhr morgens auf, dusche nicht und ziehe die dreckigsten Klamotten an, die ich habe. Da meine Arbeit montags vor Ort beim Recyclinghof beginnt, besteht der Arbeitsweg nur aus Treppenstufen. Zunächst helfe ich – wenn es für mich gut läuft – ein paar Sachen zu den beiden Wagen zu tragen, die dort stehen oder frischen Bioabfall auf einen der Komposthaufen zu werfen. Einmal musste ich jedoch ein paar Pflanzen gießen, mit etwa vier Kanistern voll Blutabfall. Trotz guter Resteverwertung aus der Fleischerei hoffe ich, es nicht noch einmal machen zu müssen. Irgendwann nach 8 Uhr geht es mit einem der beiden Wagen los. Zusammen mit Juan Carlos, Luis oder Sebastian, Arbeiter in diesem Projekt, hole ich recyclebaren Müll (meist Glas- und Plastikflaschen, Pappe und Biomüll) von verschiedenen Standorten ab: Restaurants, Läden, Hotels, Industrie, Wohnungen. Oder wir bringen nicht recyclebaren Müll auf eine Müllhalde. Es gibt auch manchmal speziellere Aufträge wie ganz viele alte Möbel abzuholen, die später an die von der Fundación unterstützten Familien verschenkt werden können. Wo wir hinfahren, ist jeden Montag anders, aber immer sehr cool. Während der Fahrt kann ich – ich fahre meist mit einem der beiden Arbeiter alleine – viel Spanischreden üben, und wenn Müll transportiert werden muss, mich körperlich betätigen. Es ist zwar anstrengend, aber immer erlebnisreich, vor allem, weil wir oft nach Quito oder in nördliche Richtung fahren und man deshalb während der Fahrt viel sieht. Mittags komme ich Zuhause sehr müde wieder an, mit den dreckigsten Klamotten und nach Abfall stinkend.

Das war jetzt jedoch nur der Montag. Der Dienstag sieht ganz anders aus: ich stehe um 8 Uhr auf, ziehe die dreckigen Klamotten vom Vortag wieder an und gehe meinen Treppenstufenarbeitsweg nach unten zu einer kleinen Werkstatt, wo um 8.30 Uhr die Arbeit beginnt. Bis etwa 12 Uhr unterstütze ich ein paar ältere Frauen bei der Herstellung von Recyclingpapier. Das läuft etwa so ab: Zunächst wird bereits von der vorherigen Woche trockenes, fertiges Papier aus Rahmen, die mit Damen-Strumpfhosen bespannt sind, herausgedrückt. Dann werden die Rahmen sauber gemacht, während bereits eine Frau eingeweichte Papierreste, Wasser und ein kleines bisschen Kautschuk in einem Mixer mixt und in Eimer füllt. Wenn die Rahmen sauber sind, tragen wir sie zusammen mit den vollen Eimern raus. Dort wird das Papier mithilfe der Rahmen geschöpft und anschließend auf eine Bank zum Trocknen gelegt. In diesem Projekt arbeite ich auch noch mit Alina zusammen, einer netten Schweizerin, die in Quito lebt und arbeitet. Viele Rahmen waren unbenutzbar, da die Damen-Strumpfhosen gerissen sind und es teuer ist, neue zu beschaffen. Alina hat jedoch welche beschaffen können und wir konnten alle Rahmen wieder bespannen, sodass jetzt wieder viel mehr Papier auf einmal geschöpft werden kann. Die Frauen haben sich sehr darüber gefreut.

Nach dem Papierschöpfen fange ich die Aufgaben an, die ich momentan Mittwoch und Donnerstag machen muss. So helfe ich oft, Karten aus dem selbstrecycelten Papier anzufertigen, die in die Schweiz an den Verein „Pro Pomasqui“ verschickt werden. Um es einmal ungefähr versuchen zu erklären: Der Verein „Pro Pomasqui“ in der Schweiz engagiert sich für die benachteiligte Bevölkerung in Pomasqui und unterstützt die Umwelt- und Sozialprojekte, die mit der Stiftung Sembres, bei der ich als Freiwilliger tätig bin, in Pomasqui umgesetzt werden.

Oft bekomme ich Gelegenheitsaufgaben wie Flaschen zu sortieren, bei einem Kleiderflohmarkt mitzuhelfen, irgendetwas zu tragen/abzuholen, kleine Baumsetzlinge zu bearbeiten oder eine Schülergruppe begleiten, die durch den Recyclinghof geführt wird. Ich stehe morgens auf und weiß oft nicht, was ich für Aufgaben habe, aber es ist toll, da es so wechselseitig ist und man immer mit netten Leuten arbeitet.

Momentan übersetzte ich Mittwoch und Donnerstag vor allem Briefe, von Spanisch ins Deutsche. Diese Briefe sind von Kindern an ihre jeweiligen Paten in der Schweiz, von denen sie monatlich eine bestimmte Summe für größtenteils Bildung und Essen bekommen. Manche sind noch in der Grundschule, andere kurz vor dem Schulabschluss. Es sind Dankeskarten, die zweimal im Jahr verschickt werden. Bisher war jeder Brief, ob nur eine oder drei Seiten, sehr schön zu lesen. Nur Punkt und Komma fehlen und die Rechtschreibfehler und die manchmal unleserliche Schrift machen das Übersetzen auch nicht einfacher. Familienmitglieder der Patenkinder, oft sind es die Eltern, müssen insgesamt 15 „Arbeitstage“ (6h) in der Fundación leisten. Mit diesen Leuten arbeite ich daher oft zusammen, wie man oben auf den Bildern sieht.

Und nun der Freitag, wieder komplett anders: Ich arbeite im Kindergarten in der Küche. Eigentlich auch donnerstags, aber momentan nicht wegen der Dankesbriefe, die übersetzt werden müssen. Ich arbeite zusammen mit Señora Roci, eine unglaublich netten Köchin. Zum Glück wird zudem freitags fleischlos gekocht. Die Kinder bekommen zum Frühstück meist von einer Bäckerei geschenktes restliches Brot und ein von der Köchin selbstgemachtes warmes dickflüssiges sehr süßes Getränk. Dann gibt es im Verlauf des Vormittags irgendeine Frucht und mittags immer eine Suppe als Vorspeise und Reis mit irgendetwas als Hauptgericht, plus einen Saft. Den zu machen, ist oft meine Aufgabe. Es ist ganz einfach: eine Handvoll Früchte mit ganz viel Wasser und gefühlt noch mehr Zucker mixen und fertig. Andere Aufgaben sind: Gemüse so klein schneiden, dass es den Kindern später kaum noch auffällt, Essen servieren, Geschirr abwaschen, Boden wischen… Für 40 Kinder ist das ganz schön viel Arbeit und ich bin in der Küche fast nur in Bewegung. Ich bewundere die Köchin sehr, dass sie die Arbeit den Rest der Woche komplett alleine macht. Jeden Freitagnachmittag geht Señora Roci zusammen mit der Köchin des anderen Kindergarten auf dem Markt, um Obst und Gemüse für die nächste Woche zu kaufen. Ich liebe es mitzukommen und mich von einem Stand zum nächsten durch zu probieren. Da der Markt etwa eine halbe Stunde mit dem Bus von mir entfernt ist, nutze ich die Gelegenheit, um für die WG auch gleich etwas einzukaufen. Zurück im Kindergarten helfe ich noch beim Ausladen, verabschiede mich und starte ins Wochenende.

Das war jetzt ein bisschen etwas, was ich grob über meinen Freiwilligendienst berichten konnte. Ich erlebe dabei so viel, dass ich bestimmt schon bald wieder einen Beitrag über meine Arbeit hier verfassen kann…

Baños

Vorletztes Wochenende habe ich in der Stadt „Baños de Agua Santa“ (Bäder des heiligen Wassers), kurz: Baños, verbracht. Es ist vielleicht der touristischste Ort Ecuadors, den man besuchen kann. Für mich als „Tourist für ein Jahr“ also ein Muss. Da der Montag nach jenem Wochenende wegen eines Unabhängigkeitstages ein Feiertag war, lohnte es sich für mich und andere Freiwillige die, ohne viel Verkehr, 5 stündige Reise nach Baños auf sich zu nehmen.

Nachdem wir am Freitagabend angekommen sind, waren wir am Samstag um 8 Uhr schon auf den Beinen und haben erstmal die Stadt erkundet. Das Erste, was uns aufgefallen ist: Zuckerwarengeschäfte überall. Teilweise nebeneinander reihen sich die eins zu eins gleichen Zuckerwarengeschäfte, einfach nur hässlich. Was das für ein Geschäftskonzept sein soll, weiß ich nicht und ob die Zuckerwaren tatsächlich alle aus der Umgebung kommen, wag ich zu bezweifeln, aber tatsächlich ist Baños ein ehemaliges Zuckerrohranbaugebiet.

Was an Baños jedoch echt schön ist, ist die einzigartige Lage dieser Stadt. Sie liegt auf 1820 Höhenmetern und ist damit von Bergen, Wasserfällen und Nebelwald umgeben. Man merkt, dass man nicht mehr weit weg vom Amazonas-Regenwald ist.

Nach einer gewissen Zeit Stadterkundung, als dann endlich auch andere Freiwillige mit Frühstücken fertig waren, beschlossen wir in einen der klassischen Partybusse zu steigen, auch Chiva genannt, um eine Wasserfalltour zu machen. Die Musik war sehr laut, jedes Mal, wenn wir durch einen Tunnel fuhren, gingen die Partylichter an und ich habe endlich begriffen, was touristisch in Ecuador bedeutet. Aber die Natur und der große Wasserfall am Ende waren echt schön.

Nach der Wasserfalltour waren wir sehr kaputt, sodass wir am späten Nachmittag nur noch Kolibris beobachtet, im Hostel zusammen gekocht haben und früh zu Bett gegangen sind.

Am nächsten Tag haben wir vormittags Canyoning gemacht. Das war echt cool, nur ein bisschen kalt.

Das Canyoning haben wir nur am Vormittag gemacht. Danach war die Sehnsucht groß (und der Verstand klein), sich mal ein Fahrrad auszuleihen, um durch die Natur zu radeln. Letztlich haben wir schlechte Fahrräder einen Berg im Regen hochgeschoben, kurz bevor es dunkel wurde. Es ist nicht die Art Sport, die mir sonderlich Spaß macht und während drei von uns (wir waren zu sechs) tatsächlich den ganzen Berg hochgeschoben sind, hat uns ein hübscher Esel aufgehalten.

Abends sind wir ins gefühlt touristischste Kaffee gegangen, was es gibt, und ich habe eine heiße Schokolade getrunken, die es Wert war von mir getrunken zu werden. Irgendjemand meinte, dass man in Ecuador heiße Schokolade trinken sollte und diese Person sollte Recht behalten.

Und jetzt der letzte Tag, der Montag, der ja Feiertag war. Es war gleichzeitig auch unser Abreisetag, sodass wir nur den Vormittag Zeit hatten. Zeit genug, um noch ein touristisches Highlight, die „Casa de Árbol“ zu besuchen. Wir sind den Berg hochgefahren, sind ein bisschen auf dieser berühmten Schaukel geschaukelt und wieder heruntergelaufen. Das schönste am ganzen Vormittag, war eigentlich der wunderschöne Wanderweg, auf dem wir dem Berg heruntergelaufen sind.

Eine Sache habe ich noch vergessen zu erwähnen: Baños liegt direkt am Fuß des aktivsten Vulkans Ecuadors, der Tungurahua. Diesen Vulkan wollte ich dann am darauffolgenden Wochenende besteigen. Ein Beitrag dazu gibt es in Kürze…

Tungurahua

Wie ich schon im Beitrag zu Baños erwähnt habe, bin ich am darauffolgenden Wochenende nochmal nach Baños gefahren, um den Tungurahua zu besteigen. Es ist einer der aktivsten Vulkane und der mit 5023m acht höchste Vulkan Ecuadors. 2016 war der Vulkan das letzte Mal aktiv, also so richtig mit riesigen Gesteinsbrocken und einer 5 Kilometer hohen Aschewolke. Momentan ist es aber eher ruhig um den Tungurahua, perfekte Zeit also, um den Vulkan zu besteigen.

Samstag, um 5 Uhr morgens klingelte mein Wecker. Nach einem kurzen Frühstück ging die lange Reise los. Unterwegs mussten wir auch noch unsere Bergausrüstung, die wir ausgeliehen haben, abholen. Die Ausrüstung (Steigeisen, Gamaschen, Helm, Stirnlampe, Eispickel, Karabinerhaken, Klettergurt) hat mich schon sehr verunsichert. Werde ich das wirklich alles brauchen?

Um 12 Uhr etwa kamen wir dann endlich in Baños an, wo uns unser Guide mit einem Wagen abholte, um uns zu einem höhergelegenen Parkplatz auf 2700m Höhe zu fahren. Wir waren insgesamt, inklusive Guide, 8 Personen. Ich war der Älteste und der Kleinste (nur der ecuadorianische Guide war viel älter und kleiner).

Am Parkplatz angekommen, realisierten wir das erste Mal wirklich, dass wir gleich noch über 1000m Aufstieg vor uns hatten, da die Hütte, in der wir übernachten sollten, auf 3830m Höhe lag. Stück für Stück ging es also hoch und für mich überraschend einfach. Ich wurde nämlich ausgerechnet am Mittwoch davor krank, hatte bis einschließlich Freitag Magenprobleme und Schwindel, lag nur im Bett und hatte kaum etwas gegessen. Dementsprechend war ich schwach und hatte mir den Aufstieg ein Tag später schwieriger vorgestellt. Es erging mir aber sogar besser als so manch anderer.

Nach etwa 2,5 Stunden Aufstieg kamen wir an der Hütte an und nach einem leichten Abendessen checkten wir noch unsere Ausrüstung durch und legten uns bereits um 19 Uhr schlafen. Um 2 Uhr morgens sollte nämlich die Wanderung zum Gipfel starten. Es war bitterkalt in der Hütte und ich habe mit Handschuhen und Mütze, zwei T-Shirts, einen dünnen und dicken Pullover geschlafen.

Nach einer etwas anderen Nacht ging es dann also am 2 Uhr morgens los…

Je weiter höher wir kamen, desto kälter wurde mir. Deswegen habe ich auch kaum Fotos, obwohl die Aussicht so schön war. Da wir wegen der Höhenluft so langsam hochliefen, dass das Wandern an sich nicht anstrengend war, wurde mir auch nicht warm. Langsam froren meine Hände und Füße ab, bis – meine Rettung – wir an einer Stelle Pause machten, wo heißer Rauch aus den Felsritzen herauskam. Es ist genau die Stelle auf dem Foto oben. Auch weiter oben kurz vor dem Gipfel gab es zwischen dem Schnee immer wieder Stellen, wo kein Schnee lag und es heiß war. Ich liebe aktive Vulkane!

Wir hatten sehr viel Glück. Am Gipfel angekommen, war die Sicht noch etwa 15 Minuten klar und man hatte eine schöne Aussicht auf allmögliche Vulkane Ecuadors, aber dann kamen die Wolken und es war wie beim Imbabura: man sah nichts.

Der Weg nach unten verlief ein bisschen anderes, da wir direkt am Vulkankrater vorbeigelaufen sind. Ich habe nur ein Foto vom Krater vom Gipfel aus, weil es direkt am Krater zu kalt war (und nein, man hat leider kein Magma gesehen).

2300 Höhenmeter ging es vom Gipfel aus dann runter bis zum Parkplatz. Beim runtergehen mussten wir anfangs aufpassen, da überall lose Steine herumlagen und die mit einer falschen Bewegung den Berg herunterrollten. Irgendwann aber konnten wir quasi durch den Vulkansand rutschen bis die Hütte in Sichtweite war. Nach einer kurzen Essenspause ging es dann weiter runter zum Parkplatz, dann mit dem Wagen wieder zurück nach Baños und mit dem Bus nach Pomasqui.

Eigentlich hatte ich vor, den Cotopaxi am darauffolgenden Wochenende zu besteigen, hab mich nach dem Tungurahua aber anders entschieden. Der Cotopaxi soll zwar weniger steil sein, ist aber nochmal etwa 800m höher. Dementsprechend ist es um ein Vielfaches kälter und für diese Kälte bin ich einfach nicht geschaffen. Zudem hatten wir beim Tungurahua eigentlich bereits ziemliches Glück, da es nicht geschneit hat.

Am Ende wurde der Cotopaxi wegen erhöhter Vulkanaktivität für Bergsteiger sowieso gesperrt, hab also nichts verpasst…

Mindo

Es ist meiner Meinung nach der schönste Ort, den ich bisher in Ecuador besucht habe – soviel sei schon mal vorweg gesagt.

Mindo liegt nur 2 Stunden mit dem Bus westlich von Quito auf 1250m Höhe (zum Vergleich: ich wohne auf 2500m). Die Ortschaft liegt an einem Fluss inmitten eines großen Waldschutzgebietes im Nebelwald. Diese Region ist einer der artenreichsten der Welt mit über 500 Vogelarten, seltenen Schmetterlinge und Orchideen… Fazit: da muss man hin!

Wie immer machen wir uns (diesmal vier Freiwillige) Freitagnachmittag auf dem Weg. Um nach Mindo zu gelangen, fährt der Bus durch meinen Ort (Pomasqui) weiter in Richtung Norden und dann in westliche Richtung immer durch den Wald hinunter.

In Mindo steigen wir Abends aus und sind noch voller Tatendrang. Also beschließen wir, noch eine Nachtwanderung zu machen. Etwa 2 Stunden lang führt uns ein Guide im dunklen Nebelwald umher. Neben zahlreichen etwas größeren Spinnen und Käfern, entdecken wir auch durchsichtige Schmetterlinge, Glasfrösche, Eulen, große lilafarbene Wasserschnecken und Pilze, die bläulich im Dunkeln leuchten. Es ist ein geradezu magischer Wald. Fotos im Dunkeln zu machen ist schwierig, aber mit Taschenlampe klappt es mit meinem Handy einigermaßen.

Am nächsten Tag stehen wir morgens langsam und in Ruhe auf, viel zu langsam und viel zu viel Ruhe im Nachhinein, da die Vögel morgens am aktivsten sind und das Wetter am schönsten ist. Zu Fuß geht es vormittags zu Wasserfällen. Das Wetter ist zu diesem Zeitpunkt noch sehr schön, man sieht immer mal wieder einen schönen bunten Vogel, viele Kolibris und Schmetterlinge. Nach etwa 2 Stunden kommen wir an so einer Art Luftwagen an, der uns über den Nebelwald führt. Sobald wir auf der anderen Seite ankommen, bin ich erstmal etwas traurig, da ich gerne länger damit gefahren wäre. Doch die Traurigkeit ist sofort wieder weg, als wir einen wirklich schönen Wanderweg zum Wasserfall „Reina“ laufen. Selbst als es anfängt leicht zu regnen, bleibt der Weg wundervoll. Die Pflanzen um einem herum sind einfach magisch.

Vielleicht wundert sich der eine oder andere ja, warum ich auf dem letzten Bild eine Badehose anhabe. Tatsächlich gibt es noch mehr Wasserfälle zu denen man hinlaufen und sogar baden kann. Wegen des Wetters haben wir uns aber für diesen Wasserfall entschieden. Später jogge ich noch einen anderen Wasserfall herunter, wo man baden kann. Ich gehe jedoch nur bis zu den Knien ins Wasser, denn ich bin eben ein stolzer Warmduscher.

Nachmittags geht es dann wieder mit dem Luftwagen und weiter zu Fuß zurück in den Ort. Da Mindo auch bekannt sein soll für seine Schokolade – und ich liebe Schokolade – machen wir Abends noch eine Schokoladentour, die aus Führung und Verkostung besteht. Wir lernen wie die Schokolade hergestellt wird, dass der Kakao selbst vor allem an der Küste angebaut wird, und dass es eine teurere Edelkakaobohne namens „Arriba“ (auf deutsch: oben) gibt, die fast nur in Ecuador angebaut wird. Sie ist anders als die hauptsächlich angebaute rötliche Kakaobohne golden und soll vor allem dunkler Schokolade (kann ich nach der Verkostung bestätigen) noch einen besseren Geschmack geben.

An diesem Abend dürfen wir so viel probieren: heiße Schokolade, Schokoladensirup, die Kakaobohne selbst, geröstete Kakaobohnen und Schokolade natürlich. Es ist einfach unglaublich. An diesem Abend bin ich sehr glücklich, obwohl ich beim Kartenspielen noch haushoch verliere. Ich bin trotzdem so glücklich, dass ich mich fast schon frage, ob es wirklich nur Schokolade war, die ich gegessen habe.

Und dann ist da schon wieder der Abfahrtstag am Sonntag. Vormittags besuchen wir einen Schmetterlingsgarten. Hier gibt es eigentlich nicht mehr viel zu erzählen, außer dass es wunderschön ist, Schmetterlinge halt.

Dem, der aufmerksam ist, müsste aufgefallen sein, dass kaum Leute auf den Fotos zu sehen sind. Und tatsächlich: wir waren allein am Wasserfall, alleine bei der Schokoladenführung, fast alleine bei der Nachtwanderung und mit nur wenigen Leuten im Schmetterlingsgarten. Obwohl Mindo ein eher bekannter und touristischer Ort ist, war es ruhig, anders als im überfüllten Baños. Ich werde auf jeden Fall nochmal hierherkommen, denn es gibt noch viel zu entdecken und die Schokoladenführung muss ich einfach nochmal machen…

Día de los Difuntos

Hier mal ein ganz kleiner Kultur-Beitrag über den „Día de los Difuntos“ (Tag der Toten), der in Ecuador jedes Jahr am 2. November stattfindet. Es ist einer der traditionellsten Feste in Ecuador und deshalb eine Erwähnung wert. Ich selbst hab den zusätzlichen freien Tag genutzt, um in den Amazonas-Regenwald zu fahren und ihn deshalb persönlich nicht miterlebt. Am „Día de los Difuntos“ besuchen Familien ihre Angehörigen auf dem Friedhof und bringen ihnen Essen und Blumen vorbei, um sich mit ihnen auf spiritueller Art und Weise zu verbinden, da an diesem Tag die Seelen der Verstorbenen zurückkehren.

Dennoch beginnt man hier bereits vor dem „Día de los Difuntos“ sich gegenseitig einzuladen und die „Guaguas de pan“ zusammen mit „Colada Morada“ zu essen. „Guagua“ ist Kichwa und heißt so etwa wie „Baby“. Das süße Brot ist mit Zuckerguss dekoriert, sodass es wie ein Kind ohne Arme und Beine aussieht. Meist ist es mit Marmelade gefüllt. Die Ursprünge dieses Brotes reichen auf die Vor-Kolonialzeit zurück. Wenn die Häuptlinge einer indigenen Gemeinschaft starben, wurden sie üblicherweise mumifiziert und auf Spaziergängen mitgenommen. Mit der Ankunft der Spanier wurde dieser Ritus jedoch verboten, aber im Bemühen, die Sitten zu erhalten, gelang es den Menschen, diese Tradition zu verschleiern und stattdessen die Brotfiguren ohne Hände und Füße zu nehmen.

Die „Colada Morada“, mit der das Brot zusammen gegessen wird, schmeckt aus meiner Sicht wie heiße flüssige Marmelade. Sie besteht aus Früchten wie Mora (eine Art Brombeere), Erdbeere und anderen wie Ananas, die zusammen mit Maismehl und Gewürzen wie Zimt und Nelken gekocht werden. Die „Colada Morada“ repräsentiert das Blut der Verstorbenen.

Cuyabeno

Cuyabeno liegt im Amazonas-Regenwald und ist ein Wildtier-Reservat, mehr als doppelt so groß wie Luxemburg. Es liegt nahe zum Dreiländereck mit Kolumbien im Norden und Peru im Osten. Südlich der Reservatgrenze beginnt der Yasuní-Nationalpark, der größte Nationalpark Ecuadors. Zusammen mit Yasuní ist das Gebiet einer der artenreichsten Orte der Erde.

Da muss ich natürlich hin. Da es wegen des Unabhängigkeitstages von Cuenca und des „día de difuntos“ (Tag der Toten) ein verlängertes Wochenende gibt, lohnt es sich an diesem Wochenende die 9 Stunden mit dem Nachtbus bis nach Lago Agrio auf sich zu nehmen. Von Lago Agrio fahren wir mit einem weiterem Bus 2 Stunden bis zur Grenze des Reservats. Von hier aus fährt man noch 2 Stunden mit dem Kanu bis zur Lodge, die mitten im Reservat liegt. Wir werden in zwei Gruppen aufgeteilt. Unser Guide führt uns direkt zu einem der Kanus. Insgesamt sind wir 12 Personen, der Guide, zwei Französinnen, ein Deutscher, zwei Ecuadorianer und ich mit fünf anderen Freiwilligen. Sobald das Kanu losfährt, werden wir zunächst von der Geschwindigkeit überrascht, denn das Kanu hat ein Motor. Ich bereue in diesem Moment meinen Pullover im Rucksack gelassen zu haben, der in einem anderen Kanu mitfährt, denn tatsächlich: ich bin im Amazonas-Regenwald und mir ist ein bisschen kalt. Es ist zwar bewölkt, wir sind auf einem schnellen Boot unterwegs und ich hatte nichts gefrühstückt, aber trotzdem ist es erstmal merkwürdig, denn ich hatte ein tropisch heißes Klima erwartet. Insgesamt ist es auch die nächsten Tage vergleichsweise sehr angenehm, auch wenn es tagsüber in der Mittagssonne schon sehr heiß wird…

Aber eigentlich will ich darüber gar nicht schreiben, sondern viellieber erzählen wie schön es eigentlich ist, auf diesem Kanu in rauschender Geschwindigkeit über einen Fluss zu fahren, während links und rechts nichts anderes ist als tropischer Regenwald. Ich kann es in diesem Moment gar nicht fassen, tatsächlich im Amazonas-Regenwald zu sein. Alles ist so grün und überall hängen Lianen herunter. Ab und zu halten wir an, um Affen zu beobachten, die von Ast zu Ast springen oder wir entdecken eine Schlange am Ufer.

Nach drei Stunden etwa kommen wir in der Caiman-Lodge an, wo unser Quartier für drei Nächte sein soll. Mitten im Regenwald am Fluss gelegen ist sie wunderschön.

Ab hier muss ich ein wenig kürzen, weil der Beitrag sonst zu lang wird. Ich habe einfach viel zu viel in diesen vier Tagen erlebt, um über alles genau berichten zu können. Cuyabeno ist nicht einfach nur Regenwald, sondern ist nach der Regenzeit auch reich an Wasser. Deswegen sind wir meistens mit dem Kanu unterwegs. Die Bäume stehen teilweise im Wasser und man sieht fast nie das Ufer, da alles bewachsen ist. Neben den Pflanzen und der traumhaften Flusslandschaft, sieht man unterwegs auch immer wieder Tiere, von denen ich leider nicht so gute Fotos habe, da sie oft hoch oben in den Baumwipfeln oder zu schnell sind.

Das Faultier, das wir so 20 Minuten vom Boot aus beobachtet haben, während es einen Ast weiter geklettert ist, ist mein persönliches Tierhighlight. Es erinnert mich an so manche Verwandtschaft. Neben diesen Tieren, von denen ich zumindest ein schlechtes Foto habe, sehen wir noch verschiedene bunte Vögel, darunter auch Tukane, drei verschiedene Affenarten und zumindest nachts in der Ferne die Augen von Kaimanen. Abends gehen wir immer bei Sonnenuntergang in der großen Lagune baden. Am Anfang habe ich ein bisschen Angst ins Wasser zu gehen, da im selben Gewässer nicht nur die Flussdelfine, sondern auch Kaimane, Piranhas und große Anakondas schwimmen. Das Wasser ist das Gegenteil von klar und vielleicht ist es auch gut so, denn ich will nicht wissen, was alles unter mir schwimmt.

An einem Vormittag gehen wir im Regenwald wandern. Immer wieder bin ich plötzlich allein oder nur noch mit zwei anderen Leuten, da ich bei Blattschneiderameisen einfach stehen bleiben muss, einen Baum oder eine Liane hochklettere oder im Schlamm stecken bleibe. Dadurch wird die Wanderung fast schon stressig, da ich zusammen mit ein paar anderen immer der restlichen Gruppe hinterher rennen muss, um nicht verloren zu gehen. Ich hätte am liebsten noch viel länger im Wald verbracht. Es ist ein Paradies, alles ist grün und die Pflanzen sind einzigartig.

Fazit: Bäume machen einfach glücklich.

Einen anderen Tag haben wir eine indigene Familie (eine Frau mit zwei Kindern) besucht. Die Familien leben im Reservat wie ihre Vorfahren, haben jedoch Kontakt zur Außenwelt. Die Lodge, in der wie übernachten, arbeitet wie viele andere Lodges auch mit den indigenen Familien zusammen und unterstützt sie im Gegenzug dafür, dass Touristen sie besuchen können.

Das Yuca-Wrap essen wir mit Salat und Gemüse und Reis. Daneben gibt es noch frische Papaya, Bananenchips, eine Art scharfe Yuca-Paste, frittierte Yuca, Zuckerrohr und Guave. Es ist alles sehr lecker. Später besuchen wir noch Schamanen, was auch sehr interessant ist.

Einen Abend machen wir eine kleine Nachtwanderung von etwa einer Stunde. An jeder Ecke sind Spinnen, von denen viele größer als meine Hand sind. Die Spinnen sind so groß und jede in ihrer Form einzigartig, dass sie schon wieder faszinierend sind und ich keine Angst mehr habe. Die Bilder sind ganz ungefähr von der kleinsten bis zur größten Spinne sortiert, um ein bisschen Orientierung zu bieten.

Zum Schluss muss ich noch Stolz erwähnen, dass ich es tatsächlich geschafft habe, ohne Mückenstiche Cuyabeno wieder zu verlassen, was gerade in Hinblick auf die Tatsache, dass es sich hier um ein Malaria-Hochrisikogebiet handelt einfach nur großartig ist. Zum einen habe ich mich konsequent mit Mückenspray eingesprüht und unterm Moskitonetz geschlafen, zum anderen hat aber sicherlich auch geholfen, dass ich mich nicht geduscht habe. Da es sich nämlich um eine Öko-Lodge handelt, kommt das Duschwasser direkt aus dem Fluss, in dem ich sowieso jeden Tag baden war.

Es waren zusammengefasst einzigartige, erlebnisreiche und einfach wunderschöne Tage. Ich muss auf jeden Fall noch öfter den Amazonas-Regenwald besuchen, auch nach Cuyabeno…

Spendenaufruf

Diesmal ein etwas anderer Beitrag von mir. Jetzt in der Vorweihnachtszeit möchte ich mit Essensspenden den Familien, die es am nötigsten haben, eine Freude bereiten. Hierfür habe ich bereits einen Artikel im Gemeindebrief der Kirchengemeinden Stuhr und Varrel veröffentlicht, den ich nun auch in diesem Beitrag einfüge:

Über folgenden Link erhält man Zugriff auf die komplette digitale Version des Gemeindebriefes (mein Artikel ist zu lesen auf den Seiten 28-29)

https://www.kirche-stuhr.de/wp-content/uploads/2022/11/finish_anon_GB-12-22.pdf

Ich hoffe sehr, dass möglichst viel für die Familien zusammenkommt und ich werde auch auf diesem Blog über das Projekt berichten.

Liebe Grüße an alle, die meinen Blog weiterhin verfolgen,

Angelos

Maquipucuna

Letztes Wochenende war das Eröffnungsspiel Katar gegen Ecuador, eine gute Gelegenheit also, sich etwas weniger politisches anzuschauen: Brillenbären zum Beispiel!

Ja, wirklich: Brillenbären in freier Wildnis. Meine erste Reise alleine ohne andere Freiwillige führt mich nach Maquipucuna, ein 6000ha großes Reservat nur 2 Stunden von mir zu Hause entfernt. Das Reservat liegt in der Nähe von Mindo (wovon ich bereits ein Beitrag veröffentlicht habe).

Meine Reise in eines der artenreichsten Gebiete der Welt beginnt morgens um 7 Uhr. Da die Busse aus Quito in Richtung Mindo immer durch Pomasqui fahren, warte ich ganz entspannt an der Hauptstraße auf einen Bus, und warte und warte… Doch es kommt keiner. Ich erfahre bald, dass ein Fahrradrennen in Quito stattfindet und daher viele Straßen gesperrt sind. Ausgerechnet heute!!! Also versuche ich auf Ratschlag anderer mein Glück an einer anderen Straße, doch da ich mir nicht sicher bin, ob der Bus hier überhaupt hält, wenn ich winke, nehme ich einen Bus in Richtung Quito zum Terminal, wo die Busse starten. Glücklicherweise gibt es einen Bus der schon um 10 Uhr abfährt (es ist zu diesem Zeitpunkt bereits 9:50 Uhr). Durch dieses hin und herfahren und einen massiven Stau, der sich durch die Straßensperrungen gebildet hat, befinde ich mich jedoch um 11 Uhr immer noch wieder in Pomasqui. Zu Erinnerung: um 7 Uhr bin ich in Pomasqui gestartet. Danach geht es jedoch endlich voran und ich steige bald in dem kleinen Dorf Nanegalito aus, von wo aus mich jemand mit seinem Wagen über eine kleine Straße nach Maquipucuna mitnimmt. Nicht pünktlich um 13 Uhr komme ich endlich an, 4 Stunden später als geplant.

Die Maquipucuna Lodge, in der ich übernachte, liegt mitten im Wald, an einem Fluss gelegen. Den Eingang der Lodge bildet eine Brücke über den Fluss. Sofort verliebe ich mich in diesem Ort. Bereits auf dem Weg zum Mittagessen sehe ich ganz viele Schmetterlinge und beim Mittagessen bin ich beeindruckt wie viele Kolibris durch die kleinen hängenden Futterhäuschen mit Zuckerwasser angelockt werden. Während des Essens fliegen sie um einen herum, es ist einfach traumhaft. Jeder Kolibri sieht anders aus, es gibt so viele Arten. Neben den Kolibris sehe ich kurz auch meinen ersten Tucan in der Ferne. Und übrigens: das Essen ist auch sehr lecker.

die Lodge, mitten im Nebelwald
an einem Fluss
auf dem Weg zum Essen: pinke Schmetterlinge an den Wänden
und ein überdimensional großer Grashüpfer
hier sieht man das Größenverhältnis besser

Ich habe noch so viel mehr Kolibri-Fotos, aber 5 sind erstmal genug. Nach dem Mittagessen mache ich meine erste Wanderung alleine durch den Nebelwald. Und ich stelle mal wieder fest: Bäume machen glücklich.

diese Schnecke ist riesig (mehr als 30cm lang)

Beim Abendessen lerne ich die Besitzer der Lodge kennen. Sie bieten mir an, eine weitere Nacht kostenlos zu bleiben und begeistert frage ich bei meiner Fundación nach. So übermenschlich nett wie sie sind, ist es natürlich kein Problem, dass ich mir spontan den Montag noch freinehme und eine weitere Nacht in Maquipucuna bleibe.

Nach dem Abendessen wird eine Nachtwanderung angeboten. Genauso wie bei einer weiteren Nachtwanderung am nächsten Abend sind wir nur wenige Leute, das eine Mal sogar nur zu zweit plus Guide. Mit so wenigen Leuten touren zu machen, ist sehr schön. Wir sehen viele Stabheuschrecken, Spinnen, Käfer, Frösche und sogar eine Schlange und überall sind Glühwürmchen, die immer wieder aufleuchten, einfach magisch!

Was neben den Nachtwanderungen noch angeboten wird sind Vogelbeobachtungen vor dem Frühstück. An beiden Tagen bin ich dabei, wieder nur zu zweit oder zu dritt plus Guide. Die vielen bunten Vögel wie auch Tukane sind nur leider oft viel zu weit weg oder zu schnell, um sie zu fotografieren. Da sind andere besser ausgerüstet als ich:

Aber jetzt möchte ich davon berichten, wofür ich eigentlich nach Maquipucuna gekommen bin: die Brillenbären. Zweimal machen mir uns vormittags nach dem Frühstück, wenn die Bären noch aktiv sind, auf dem Weg, um sie zu finden. Erfahrende Bärenfinder laufen uns vorweg. Die Brillenbären sind nur etwa 6 Wochen pro Jahr in dieser Gegend, wenn eine bestimmte Avocadoart reif ist, die die Brillenbären gerne essen. Da die Saison fast zu Ende ist, müssen wir einige Kilometer durch den Wald laufen, um einen Bären zu sehen.

sieht aus wie Eichel, ist aber eine Art Avocado, die die Bären essen
Bärenscheiße (die Samen der Frucht werden nicht verdaut)

Aber ja, ich habe tatsächlich Glück und sehe jeweils einen weiblichen Brillenbären an den beiden Vormittagen. Der erste Bär am ersten Tag guckt ab und zu neugierig zu uns, schläft aber vor allem in seinem Nest (ja, diese Bären bauen Nester in den Bäumen).

Foto durchs Fernrohr

Der andere Bär am nächsten Tag ist jedoch deutlich aktiver. Er klettert die ganze Zeit auf dem Baum herum, macht Äste für sein Nest ab, frisst, schläft und klettert später den Baum komplett herunter und verschwindet im Wald. 2 Stunden lang können wir ihn keine 4 Meter von uns entfernt beobachten. Es ist ein unvergessliches Erlebnis.

schlafend
Zeit aufzustehen
und runter geht es den Baum

Nachmittags liege ich noch entspannt in der Hängematte und genieße das Waldfeeling bis mich die Besitzer der Lodge nach Hause bringen, da sie selbst nach Quito müssen und Pomasqui auf dem Weg liegt.

in der Hängematte im Wald

Es ist mal wieder ein wunderschönes Wochenende gewesen und es wird garantiert nicht meine letzte Reise in den Nebelwald sein…

Quito: TelefériQo

Letztes Wochenende war ich wieder einmal in einem Wald, aber vielleicht ist es auch mal gut, zur Abwechslung wieder über etwas anderes zu berichten. Wir als Freiwillige haben sogenannte Mentoren, die hier in Ecuador leben, und deren freiwillige Aufgabe es ist, uns bei Fragen zur Seite zu stehen und uns ihre Kultur zu zeigen.

Meine Mentorin, Melissa, ist wohl die netteste von allen. Direkt am ersten Wochenende (also vor fast vier Monaten), schrieb sie uns, meinen Mitbewohner und mir, ob wir etwas mit ihr unternehmen wollen. Gleich morgens um 10 Uhr wollten wir uns am sogenannten TelefériQo treffen. Für meinen Mitbewohner und mich war es die erste Busfahrt alleine und natürlich haben wir uns gleich mehrmals verfahren, obwohl ein direkter Bus (40min) gereicht hätte. Wir waren eine Stunde zu spät gekommen, aber wir hatten es geschafft und Melissa hatte geduldig auf uns gewartet.

Warum berichte ich davon erst jetzt, ganze vier Monate später? Keine Ahnung, aber jetzt berichte ich ja davon. Teleférico heißt Seilbahn auf Deutsch und ja! es handelt sich tatsächlich um eine ganz moderne Gondel, wie man es aus Europa kennt, mit der man von Quito von 2950m auf 3945m hochfahren kann. Wir hatten Glück und hatten sehr gutes Wetter. Von oben hat man einen grandiose Blick über Quito und so manche Vulkane.

Spätestens bei diesem Bild ist klar, dass es sich um ein veraltetes Foto vom Cotopaxi handelt. Der aktive Vulkan ist nämlich momentan wirklich aktiv und raucht ganz schön. So stark, dass in manchen Teilen Quitos geraten wird, Schutzbrillen und Masken wegen der Asche zu tragen (auch wenn es in Quito wegen der schlechten Luft durch die Abgase der Autos eigentlich immer ratsam ist, Maske zu tragen).

Um das jetzt einmal loszuwerden: Ich hatte eigentlich vor, den Cotopaxi zu erklimmen. Imbabura mit etwa 4600m und Tungurahua mit etwa 5000m (beides Vulkane, von denen ich bereits jeweils Beiträge veröffentlicht habe) waren eine Art Training für den Cotopaxi. Nach dem ich aber beinahe oben auf dem Tungurahua erfroren wäre, und mir gesagt worden ist, dass das im Vergleich zur Kälte auf dem Cotopaxi (5897m) nichts ist, habe ich kurzfristig abgesagt und mich dazu entschieden, stattdessen mit anderen Freiwilligen in den warmen Nebelwald zu fahren. Genau an diesem Wochenende fing der Cotopaxi stark an zu rauchen und wurde für Bergsteiger gesperrt. Ich habe die Nachricht von der Sperrung gelesen, während ich abends mit einer Kokosnuss in Mindo in der Hängematte lag und dachte: „Alles richtig gemacht, Angelos!“. Es tat mir aber für die anderen Freiwilligen, die den Cotopaxi an diesem Wochenende erklimmen wollten, natürlich auch Leid. Heute raucht der Cotopaxi immer noch, ist immer noch für Bergsteiger gesperrt und könnte sogar kurz vor einem großen Ausbruch stehen.

Ja, wo war ich? TelefériQo. Man hat von oben auch noch andere Vulkane sehen können.

Später sind wir an diesem Tag noch ins Centro Histórico von Quito gefahren und Melissa hat uns herumgeführt. Melissa hat sich den ganzen Tag für uns Zeit gelassen, einfach mega lieb…

Weihnachten in Canoa

Vorweg möchte ich mich dafür entschuldigen, dass ich lange keinen Beitrag mehr veröffentlicht habe. Ihr seid aber auch selbst Schuld, denn ihr habt mir eine ganze Menge Arbeit gegeben. Über 3000 Dollar Spenden habe ich mit eurer Hilfe gesammelt, viel mehr als wir es hier erwartet haben. Vielen vielen Dank dafür! Tatsächlich waren wir hier so überwältigt von der Summe, dass wir nicht alles vor Weihnachten geschafft haben und auch jetzt noch damit beschäftigt sind, die Grundnahrungsmittel zu den Familien zu bringen. Sobald wir alle Familien besucht haben, werde ich nochmal ausführlich berichten, wie es mir ergangen ist.

Nur durch die Spendenaktion hatte ich überhaupt ein Weihnachtsgefühl, denn das Schenken und Teilen mit anderen Menschen ist das, was für mich die Weihnachtszeit ausmacht und dieses Jahr ganz besonders. Diese Weihnachten selbst waren jedoch die unweihnachtichsten Weihnachten, die ich je in meinem Leben gehabt habe.

Am 23. Dezember hatten wir eine Weihnachtsfeier in der Fundacíon, die wir am Fuß des Cayambes (dritthöchster Vulkan Ecuadors) in einem traumhaft schönen Tal neben einem Fluss und einem Wasserfall gefeiert haben. Die Tische waren mit schönen selbstgepflückten Blüten dekoriert, es hätte Ostern sein können. Heilig Abend und die Weihnachtstage hatte ich dann Sommer an der Küste.

Canoa – so heißt der Ort an der ecuadorianischen Pazifikküste, an dem wir, also andere Freiwillige und ich, Weihnachten verbracht haben. Canoa ist ein ehemaliges Fischerdorf und ist mit knapp 7000 Einwohnern noch kleiner als Puerto López, wo ich bei meiner ersten Reise an die Küste war. Warum aber ausgerechnet Canoa? Der Ort ist ruhig, klein, soll einen der schönsten Strände Ecuadors haben und man soll dort relativ gut surfen können. Es ist halt aber auch der Ort, worauf wir uns alle einigen konnten, denn natürlich gibt es neben Canoa noch so viele andere schöne Orte an der ecuadorianischen Küste.

Am 23. Dezember um kurz nach Mitternacht startet der Bus also nach Canoa. Wie immer habe ich nicht viel über die Busfahrt zu erzählen, denn ich bin sofort eingeschlafen und morgens um 7 Uhr etwa eine Stunde vor Ankunft aufgewacht. Ich bin aber unter allen Freiwilligen auch ein absolutes Ausnahmetalent, was das Schlafen im Bus angeht. Morgens in Canoa angekommen, geht es eigentlich direkt zum Strand. Zu meiner Überraschung muss ich bis zum Wasser ziemlich lange über Watt laufen. Und dann kommt auch schon die nächste Überraschung: ich habe mir nämlich vorher die ganze Zeit eingebildet, dass das Wasser kalt sein muss, da wir schließlich Weihnachten haben. Zu meinen Warmduscher-Glück ist es jedoch schön warm.

Nach dem Baden, habe ich mir eine Kokosnuss gegönnt. An der Küste verkaufen sie frische Kokosnüsse, die voll mit Kokoswasser sind, einfach so lecker!

Den größten Teil des Tages beschäftigen wir uns mit Faulenzen und Baden.

Am späten Nachmittag jedoch, wenn das Wasser bis zum Strand reicht und die Wellen höher sind, probieren einige von uns Surfen aus. Es ist das erste Mal, dass ich surfe, und ich kann es überhaupt nicht. Wenn man dann aber doch eine Welle erwischt und mitgeht, ist es mega cool. Ich will es auf jeden Fall wieder machen.

So wie der Tag am Heilig Abend verläuft dann auch der 1. und 2. Weihnachtstag für uns ab, deswegen brauche ich darüber nicht mehr zu berichten. Am 2. Weihnachtstag geht es dann spätabends auch schon wieder nach Hause. Es war in jedem Fall auch eine Art, Weihnachten zu feiern, eine sehr schöne Art sogar und vor allem eine erholsame.

Das war jetzt mein letzter Beitrag in diesem Jahr. Ich habe mir aber vorgenommen im neuen Jahr noch viel mehr Beiträge zu schreiben. Mal sehen, ob ich das einhalte…