Puyo und die „Cuevas de los Tayos“

Die Überschrift gibt es nicht gleich zu erkennen, aber es ist mal wieder ein Beitrag über einen Ausflug in den Regenwald.

Puyo ist eine Kleinstadt ganz am Rande des Amazonasregenwaldes und immerhin noch auf gut 900m Höhe gelegen, also eigentlich fast noch Andengebiet. Trotzdem ist es von den Pflanzen her bereits vollkommen tropisch. Da die Stadt aber weiter südlich von Quito liegt, sind es trotzdem mal wieder sieben Stunden Busfahrt, die ich auf mich nehmen muss.

Auf dem Weg nach Puyo kann ich, kurz bevor es dunkel wird, noch einen Blick auf den Tungurahua erhaschen, der sonst immer mit Wolken bedeckt ist. Über den Tungurahua (5023m) habe ich bereits einmal berichtet, als ich ihn bestiegen bin.

Aber warum dahin? Warum nach Puyo? Zum einen wohnen und arbeiten zwei Freiwillige in Puyo, die wir unbedingt mal besuchen wollen. Südlich von Puyo gibt es da aber auch noch ein sehr großes Höhlensystem, die „Cuevas de los Tayos“.

Man könnte meinen, dass eine Amazonasstadt wie Puyo in dieser Natur schön sein muss, aber nein: Puyo ist wie Tena, Coca, Nueva Loja und Sushifundi (andere Amazonasstädte, wo ich zumindest mal mit dem Bus durchgefahren oder umgestiegen bin) ziemlich hässlich. Gut, hier muss ich wiederum fairerweise sagen, dass ich bis auf Cuenca bisher eigentlich alle Städte in Ecuador sehr hässlich finde.

dreckig, laut und überhaupt nicht meins
Die Tierquälerei überall macht es nur noch schlimmer. Diese Becken, vollgestopft mit Fischen, finden sich tatsächlich in den Amazonasstädten ziemlich oft. Ich denke natürlich sofort, dass das irgendein regionaler Fisch ist, aber nein: mir wurde erzählt, dass es wohl ein Fisch aus dem asiatischen Raum sei, der hier wohl gerne gegessen wird. Mehr weiß ich auch nicht, es ist aber nicht schön anzusehen.
Und diese großen Larven (Chontacuros), über die ich beim Beitrag zum Yasuní Park schon mal berichtet habe, werden hier auch viel verkauft. Im Verhältnis zu ihrer Körpergröße haben sie auf jeden Fall mehr Platz als die Fische, aber bei lebendigen Leibe am Feuer geröstet zu werden, gönne ich niemanden. Dann lieber lebendig einmal in einem Menschenmund schnell zerhackt werden (Ja, die werden auch lebendig gegessen).
Schön und interessant ist der Markt in Puyo. Diese Ketten bestehen aus Naturfasern und Baumsamen aus dem Regenwald. In den Flaschen (unten im Foto) sind medizinische Pflanzenextrakte. Bei der schwarzen Flüssigkeit handelt es sich zum Beispiel um das Harz eines bestimmten Baumes des Regenwalds. Es wird „Sangre de Dragón“ (auf Deutsch: Drachenblut) genannt und soll wohl sehr gut für die Haut sein, vor allem nach einem Sonnenbrand.
Rechts im Foto sieht man große zusammengerollte Blätter, die verkauft werden. Diese Blätter werden hier wie Alufolie verwendet, indem das Essen in den Blättern gewickelt auf den Grill gelegt wird.

Natürlich haben wir auch das Projekt der anderen Freiwilligen besucht. Sie arbeiten in einem botanischen Garten oder besser gesagt in einem botanischen Wald. Auch wenn ich dieses Projekt total spannend finde, habe ich meine Arbeit bei der Stiftung „Sembrar Esperanza“ zu lieb gewonnen, um ein anderes Projekt besser zu finden.

der Wald
Baumsetzlinge
Hierbei handelt es sich um eine sogenannte Wanderpalme, die, wie ihr Name schon sagt, wandert. Dies tut sie, indem die Wurzeln, die von oben nach unten wachsen, dort in den Boden hineinwachsen, wo mehr Licht ist. So verschiebt sich der Standort der Palme immer wieder ein bisschen. Angeblich ist diese Palme auch ein guter Schutzort, falls man gerade vor einer Anakonda fliehen muss.

Bei meinem Aufenthalt in Puyo regnet es wie im Regenwald typisch fast jeden Tag (davor hatte ich bei Regenwaldausflügen bisher immer sehr viel Glück mit dem Wetter). Zusammen mit den Freiwilligen vor Ort und deren ecuadorianischen Freunden verbringen wir im Wald außerhalb von Puyo irgendwo in der Nähe eines Hotels (ich kürze hier mal ein bisschen).

Hier baden wir…
…und jeder grillt das Seine.
eine Blätterkrone auf dem Kopf und schon bin ich der König des Dschungels
eine nette Aussicht gibt es auch noch

Jetzt komme ich aber zum aufregendsten Teil: die Höhlen. In Puyo werden wir von einem Guide abgeholt, der uns mit seinem Wagen zwei Stunden lang in südliche Richtung fährt. Irgendwann steigen wir in einem kleinen Dorf in einen anderen Wagen um, da die Straße ab hier sehr schlecht sein soll.

im Dorf begrüßt uns ein Ara, der wahrscheinlich nicht mehr fliegen kann

Nach einer weiteren halben Stunde Autofahrt steigen wir irgendwo an der Straße aus. Ab hier gibt es wie üblich keinen Internetempfang mehr. Wir folgen dem Guide in den Wald hinein, denn ab hier müssen wir noch 1,5 Stunden laufen, um zu einer kleinen Gemeinschaft des indigenen Volkes der Shuar zu gelangen, wo wir zwei Nächte übernachten werden.

Die Shuar sind eines der vielen Völker des Amazonasregenwaldes, von denen manche indigene Gemeinschaften bewusst von der Außenwelt abgeschottet leben. Andere wiederum, wie die, die wir besuchen, haben viel Kontakt zur Außenwelt und leben vom Tourismus. Sie haben ihre eigene Sprache und Kultur und unterscheiden sich deshalb zum Beispiel von der indigenen Gemeinschaft, die ich im Yasuní-Park besucht habe (die haben Kichwa gesprochen).

auf dem Weg noch eine kleine giftige Schlange

Irgendwann erreichen wir die indigene Familie, die für uns bereits Mittagessen gekocht haben. Es gibt, wie für die Amazonasregion typisch, Yuca. Dazu gibt es einen Guayusa-Tee (Guayusa sind die Blätter eines Baumes im Regenwald und enthalten sehr viel Koffein). Das Essen und der Tee schmeckt sehr rauchig, was daran liegt, dass sie alles über eine Feuerstelle kochen.

Nach dem Mittagessen und einer kleinen Pause geht es auch schon direkt los zum ersten Höhleneingang, der nur 15 Minuten entfernt liegt. Wir haben nur Badeklamotten, Gummistiefel und Helm an und tragen jeweils eine Stirn- bzw. Taschenlampe, denn es soll nass werden in der Höhle. Zum Glück regnet es nur leicht und wir werden nicht schon vorher vollkommen nass.

Am Höhleneingang geht es zunächst über eine gefühlt unendlich lange Leiter nach unten. Sobald wir tiefer in der Höhle sind, bemerken wir sofort, warum die Höhle „Cueva de los Tayos“ heißt. Wir hören ein dämonischen Lärm, laut und unheimlich wie vom Teufel selbst. Den Lärm macht jedoch nicht der Teufel, sondern ein Vogel, der „Tayo“ (auf Deutsch: Fettschwalm). Dieser Vogel ist nachtaktiv und lebt in den Felsspalten dieser Höhlen, sieht aber ganz anders aus als Fledermäuse.

Der Guide erklärt uns, dass dieser Vogel auch heute noch zu einer bestimmten Zeit im Jahr von dem Volk der Shuar gejagt und gegessen wird. Natürlich aber immer nur in dem Maße, dass die Population erhalten bleibt.

der Blick ist nach oben gerichtet, wo die „Tayos“ herumflattern und Krach verursachen
weiter durch die Höhle
man sieht, warum wir mit Badehose in der Höhle wandern

Nach etwa zwei Stunden verlassen wir die Höhle über einen anderen Ausgang wieder. Inzwischen hat sich der Himmel aufgeklart. Dies bleibt glücklicherweise auch noch so bis in den Abend hinein und wir werden Zeugen eines spektakulär schönen Sternenhimmels.

Zum Abendessen gibt es wieder Yuca und Guayusa-Tee. Genau, der Tee mit dem hohen Koffeingehalt. Leider gibt es auch nichts anderes trinkbares und so schenken wir uns diesen ein. Der Guide erzählt uns darauf, dass es wichtig ist, nach der Wanderung in der Höhle diesen Tee zu trinken, denn nach dem Glauben der Shuar bewohnt die Höhlen der Geist einer Riesenschlange und raubt einem die Kraft, wenn man in der Höhle wandert. Der Guayusa-Tee soll wieder stärken.

Zum Glück ist der Tee aber nicht sehr stark, nur gerade so stark, um sich von dem Schlangengeist zu erholen, und ich schlafe gut ein.

Am nächsten Tag machen wir uns wieder in Badesachen auf, diesmal zu einem anderen Höhleneingang der „Cueva de los Tayos“, der ein bisschen weiter weg ist.

auf dem Weg zur Höhle haben wir eine bombastische Aussicht auf den Fluss und den umliegenden Regenwald

Am Fluss, der im Foto oben zu sehen ist, müssen wir weiter unten entlang bis zum Höhleneingang, der ebenfalls direkt am Fluss liegt. Der Weg zur Höhle führt so dicht am Fluss entlang, dass wir uns beeilen müssen. Es hat nämlich am Morgen geregnet und laut dem Guide wird der Fluss im Laufe des Tages größer werden. Schließlich soll der Weg bitte auch noch da sein, wenn wir wieder von der Höhle zurückkehren.

Nach zwei Stunden hoch und runter durch glitschigem Schlamm, wo jeder von uns mehrmals ausrutscht, erreichen wir den Höhleneingang.

und schon geht es hinunter in die Höhle
und weiter hinunter
und immer tiefer hinein

Wir klettern an einem kleinen Fluss entlang und später durch den Fluss immer tiefer in die Höhle hinein. In dem Moment, wo wir ganz tief in der Höhle drinnen sind halb im Wasser stehend, machen wir die Taschenlampen aus. Hier habe ich wirklich Angst und ich bin glücklich, als wir wieder zum Höhleneingang zurückkehren. Die „Tayos“ hören wir diesmal übrigens nicht, sehen dafür aber zahlreiche Fledermäuse, die teilweise in großen Häufchen an der Höhlendecke hängen.

endlich wieder Tagesslicht

Auf dem Rückweg ist ein Teil des Weges tatsächlich bereits vom Fluss überflutet, aber wir schaffen es trotzdem zurück. Abends sitzen wir am Lagerfeuer und ein älterer Herr der indigenen Gemeinschaft erzählt uns Legenden der Shuar, über Wassermänner und Jaguare, die im Wasser leben. Angeblich muss man, wenn man ein Tapir jagen möchte, aufpassen, denn die Anakonda gibt wohl Laute von Tapiren von sich, um Jäger anzulocken, ins Wasser zu ziehen und zu erwürgen.

Einschlafen ging an diesem Abend etwas schwieriger…

Am darauffolgenden Morgen befinden wir uns auf einer Plantage der indigenen Gemeinschaft. Hier bauen sie Yuca, Bananen und Papaya an.
Papaya
eine Bananenstaude
zusammen ernten wir Yuca
mit einem selbstgeflochtenem Korb tragen sie die Ernte

Uns wird dann gezeigt wie Chicha hergestellt wird, ein traditionell fermentiertes Getränk aus Yuca, was hier viel getrunken wird.

Zunächst wird die Yuca geschält und auf dem Feuer gekocht. (wichtig: es sind immer drei Holzbalken, die die Familie symbolisieren)

Nun muss die Yucamasse für mindestens einen Tag fermentieren und die Chicha kann getrunken werden.

Nun geht es wieder zurück nach Pomasqui.

auf dem Rückweg
und mit dem Bus geht es zurück am Pastaza-Fluss vorbei

Auch mein letzter Trip in den Amazonas war nochmal ein ganz besonderer und aufregender, den ich so schnell nicht wieder vergessen werde…

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert