Quito: ecuadorianische Kunst und Schokolade

In diesem Beitrag geht es um den wohl wichtigsten bildenden Künstler Ecuadors des 20. Jahrhunderts und um Schokolade, die in Ecuador hergestellt wird. Wie das eine mit dem anderen zusammenpasst? Gar nicht. Jedoch gibt es einen roten Pfaden und das ist der Kolonialismus.

In Quito kann man die „Capilla del Hombre“ (deutsch: Kapelle des Menschen) besuchen. Es ist ein Museum, das auf Wunsch vom Künstler Guayasamín selbst ab 1996 errichtet worden ist. Hier werden nicht nur die Werke Guayasamíns ausgestellt, sondern auch ein künstlerisch gestalteter Überblick lateinamerikanischer Geschichte und kulturellen Erbes. Guayasamín erlebte die Eröffnung des Museums 2002 nicht mehr, da er selbst 1999 mit 79 Jahren an einem Herzinfarkt starb.

Doch wer ist dieser Künstler? Guayasamín wurde 1919 in Quito geboren und war eins von zehn Kindern eines indigenen Vaters und einer mestizischen Mutter (also mit sowohl indigenen als auch europäischen Vorfahren). Er stammte aus einfachem Hause, schaffte es aber schon früh durch seine künstlerischen Fähigkeiten und seinen Freigeist bekannt zu werden und seine Werke zu verkaufen.

Mit dem eingenommenen Geld machte Guayasamín unter anderem eine Reise durch Südamerika. Die Eindrücke dieser Reise inspirierten ihn zu seinem ersten Bilderzyklus „Huacayñán“ (Kichwa, deutsch: Der Weg der Tränen), in dem er besonders das Elend und die Unterdrückung der indigenen Bevölkerung Lateinamerikas thematisierte. Später kamen dann noch die Bilderzyklen „La Edad de la Ira“ (deutsch: Das Zeitalter des Zorns) und „La Edad de la Ternura (deutsch: Das Zeitalter der Zärtlichkeit) dazu.

Dieses kegelförmige Wandgemälde im Inneren der Kuppel der „Capilla del Hombre“ stellt die Kämpfe der Arbeiter in den Silberminen von Potosí, Bolivien, dar, wo im 17. Jahrhundert tausende von indigenen Bergleuten ums Leben kamen.
„Lágrimas de Sangre“ (deutsch: Bluttränen) ist ein bekanntes Bild aus dem Bilderzyklus „La Edad de la Ira“.
Ebenfalls (wie sich unschwer erkennen lässt) Bilder der „Edad de la Ira“, des Zeitalters des Zorns.
„El Guitarrista“ ist ebenfalls ein bekanntes Bild der „Edad de la Ira“
„Ternura“ (eine Frau, die schützend über ihr Kind die Hände erhebt)
„Von Dorf zu Dorf, von Stadt zu Stadt wurden wir Zeugen des größten Elends: Dörfer aus schwarzem Schlamm, auf schwarzer Erde, mit Kindern, die mit schwarzem Schlamm bedeckt waren; Männer und Frauen mit Gesichtern aus von der Kälte verbrannter Haut, in denen die Tränen jahrhundertelang gefroren waren, bis man nicht mehr wusste, ob sie aus Salz oder Stein bestanden; Musik von Schlägern und Nörglern, die die unermessliche Einsamkeit ohne Zeit, ohne Götter, ohne Sonne, ohne Getreide, nur Schlamm und Wind beschrieben.“ – Guayasamín

Guayasamín setzte sich für eine Erinnerungskultur des aufgrund des Kolonialismus indigenen Leides ein, das bis heute nachwirkt und damit auch für eine Verbesserung der Lebensbedingungen indigener Völker in den lateinamerikanischen Ländern, die bis heute benachteiligt werden. Mit seinen expressionistischen Bildern versuchte er das Leid der Indigenen auszudrücken.

1976 gründete er die Stiftung Guayasamín. Ziel der Stiftung ist, das kulturelle Erbe des Volkes und besonders der Indigenen zu sammeln und zu bewahren. Bis zu seinem Tod war Guayasamín Präsident der Stiftung, heute wird sie von seinen Kindern geleitet.

Außer den Bildern, die den drei Zyklen zuzuordnen sind, malte er auch immer wieder Portraits anderer Künstler oder Politiker, aber auch Blumen und Landschaften Ecuadors, die sowohl von der Schönheit als auch von der Bedrohung des Landes künden.

ein Selbstportrait
 „El Toro y el Cóndor“ (deutsch: Der Stier und der Kondor)
Der südamerikanische Kondor besiegt den spanischen Stier, ein Sinnbild der Unabhängigkeitskriege.

Ich muss ehrlich gestehen, dass ich eigentlich kein großer Fan von Kunstmuseen bin und mich für Kunst allgemein nicht so stark interessiere. Es erinnert mich dann doch zu sehr an langweiligen Schulunterricht. Guayasamín jedoch fand ich als Künstler sehr interessant und seine Werke eindrücklich. Es wird meiner Meinung nach immer noch viel zu wenig über den Kolonialismus und seine Folgen aufgeklärt (auch in Deutschland). Und wichtig wäre dabei meiner Meinung nach auch die Sicht der indigenen Völker zu berücksichtigen…

Jetzt kommen wir zur Schokolade, was gerade schon ein bisschen sehr harter Themenwechsel ist, aber gut. Ich habe ja mal im letzten Beitrag erwähnt, dass Ecuador der größte Exporteur von Bananen ist. Bei Kakao ist Ecuador nach Ghana und Elfenbeinküste immerhin an dritter Stelle. Jedoch wurde der älteste Kakao bereits vor 5000 Jahren angebaut und zwar dort, wo heute Ecuador liegt.

Ganz besonders stolz ist man in Ecuador zudem auf die Kakaobohne „Fino de Aroma“ bzw. „Arriba“ oder „Nacional“, dessen charakteristische Farbe anders als die gewöhnliche Kakaobohne nicht rot sondern gelb ist. Sie hat ein einzigartiges Aroma. Bei dieser Kakaosorte ist Ecuador als Exporteur weltweit führend.

Trotzdem wird auch in Ecuador bisher hauptsächlich nur der rohe Kakao exportiert, das große Geld dagegen verdienen bekannte Schokoladenfirmen in Europa, die den Kakao in Schokolade umwandeln und sie dann verkaufen. Ist das nicht totaler Irrsinn? Ecuador exportiert seinen rohen Kakao nach Europa und Europa exportiert die fertige Schokolade dann in aller Welt bis nach Ecuador und macht das große Geld.

Das alles ist natürlich kein Zufall und hängt stark mit dem Kolonialismus zusammen und der noch heute daraus bestehenden Strukturen. In der Schule habe ich gelernt, dass die europäische Union bei Entwicklungsländern hohe Einfuhrsteuern auf produzierte Waren setzt, auf Rohwaren jedoch nicht. Die europäische Union verfolgt dabei das Interesse, die heimischen Firmen zu schützen und betreibt damit Protektionismus auf Kosten von Entwicklungsländern. Der Kakao ist nur ein Beispiel, das selbe gilt auch für Kaffee und andere Waren und natürlich lässt sich mit der Schokolade viel mehr Geld machen als mit dem Rohkakao.

Warum betreiben wir Entwicklungshilfe, wenn wir nicht mal dazu bereit sind, diesen Ländern die Chance zu geben ihren eigenen Markt selbst aufzubauen?

Trotzdem gibt es mittlerweile ecuadorianische Schokoladenhersteller, die angefangen haben, nicht nur den Kakao in Ecuador anzubauen, sondern auch die Schokolade in Ecuador herzustellen. Einer der ersten Firmen (mittlerweile gibt es eine Handvoll), die das praktiziert haben, ist unter anderem „Paccari“ (Kichwa, Deutsch: Sonnenaufgang). Diese Firma produziert laut einer Auszeichnung die nachhaltigste Schokolade der Welt und kann mittlerweile in jeden größeren Supermarkt in Ecuador gekauft werden. Sie ist nur sehr teuer, was wohl auch an den großen sozialen und ökologischen Ansprüchen der Firma liegt.

ein großes Sortiment ecuadorianischer Schokolade

Ich selbst habe ja schon mehrmals von meinen Verkostungen ecuadorianischer Schokolade berichtet und bin immer wieder begeistert. Meine liebe zu Schokolade ist hier in Ecuador nochmal größer geworden…

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