Wandern in Ecuador

Diesen Beitrag möchte ich nutzen, um übers Wandern (abseits von Vulkanbesteigungen und Otavalo) in Ecuador zu berichten. Ich bin im Urlaub immer gerne in den Alpen wandern gegangen. Hier in den ecuadorianischen Anden, in denen ich bereits seit zehn Monaten lebe, nutze ich deshalb fast jedes zweite Wochenende die Gelegenheit auf einen Wanderausflug.

Das tolle ist, das ich bereits an meiner eigenen Haustür loslaufen kann. Ich wohne zwar in einem eher städtischen Gebiet ganz im Norden von Quito, jedoch sehr weit am Rande am Fuß des Vulkanes Casitagua.

links oben der Casitagua, ganz rechts am Ende der Straße meine Wohnung

So erhaben ich den Namen Casitagua auch finde und die Tatsache, dass es ein zumindest inaktiver Vulkan ist, ist es doch eher ein großer 3515 Meter hoher Hügel.

Tatsächlich gibt es aber etwas interessantes zu berichten, denn die Wälder auf diesem großen Hügel wurden durch den Abbau von Kalkstein und der Beweidung mit Schafen lange Zeit abgeholzt. Infolgedessen erodierte der Boden. Meine Organisation, Sembrar Esperanza, in der ich meinen Freiwilligendienst mache, hat vor etwa 30 Jahren innerhalb von vier Jahren über eine Million Bäume auf dem Casitagua bepflanzt. Das Projekt (wie auch übrigens die Straße in der ich heute Lebe) hieß „Árbol Solitario“ (auf deutsch: einsamer Baum), weil vor Beginn des Projekts nur eine einzige Baumart, eine Art von Zypresse, auf dem Vulkan gefunden wurde.

So ist heute, das kann ich nach Besteigung des Casitaguas bestätigen, oben ein grüner Wald. Beim Besteigen jedoch muss man sich ständig entscheiden, ob man lieber vom Kaktus oder von einer Agave aufgespießt werden möchte. denn anders als der Wald oben auf dem Casitagua, ist die Landschaft in meiner Umgebung allgemein eher sehr trocken und es regnet wenig. So gab es vor ein paar Jahren auch einen großen Waldbrand am Casitagua, wovon sich die Natur aber inzwischen wieder einigermaßen erholt hat.

Ich brauche etwa eineinhalb Stunden, um oben anzukommen, auch wenn ein Wanderweg nicht immer klar erkennbar ist. Ich muss ehrlicherweise sagen, dass auch nach 10 Monaten auf 2500m Höhe ich mich immer noch nicht an die dünne Luft vollständig gewöhnt habe und viel keuchen muss, wenn es bergauf geht. Dennoch habe ich zumindest keine ernsten Probleme mit der Luft und kann an sich eigentlich problemlos wandern.

Oben ist zwar kein Gipfelkreuz, jedoch bei gutem Wetter eine wundervolle Aussicht auf so manche Vulkane Ecuadors, Quito, und der Äquatorlinie.

Ein großer Unterschied zwischen den Alpen und den Anden, sind die Berge bzw. Vulkane. Während ich es in den Alpen gewöhnt schöne Gebirgsketten zu sehen, ragen die Vulkane hier immer ein bisschen isoliert aus der Andenlandschaft hervor, insbesondere der Cotopaxi, der momentan auch raucht (ein weiterer offensichtlicher Unterschied zu Bergen, was ich hier nicht näher ausführen muss).

Ich bin einmal im September und einmal im Mai den Casitagua hoch und witzigerweise ist mir aufgefallen, dass ich zweimal fast das gleiche Foto von der Landschaft auf der anderen Seite des Vulkanes geschossen habe. Ich habe die Fotos verglichen und der Unterschied ist krass: die Landschaft auf dem Foto vom Mai ist viel grüner als die von September. Das liegt daran, dass ich das Foto im Mai am Ende der Regenzeit gemacht habe, während das von September bereits nach ein paar Monaten Trockenphase entstanden ist.

Bei mir in der Nähe gibt es aber auch noch einen anderen Ort, wo man gut wandern kann: der Pululahua-Krater. Nach etwa 15 Minuten mit dem Bus und weiteren 15 Minuten zu Fuß kommt man am Eingang des riesigen Vulkankraters an.

In diesem Krater leben Menschen und betreiben Landwirtschaft. Die Landschaft ist trotz der Nähe zu meinem Haus ganz anders und viel grüner. Es sieht so idyllisch aus, jedoch ist der Pululahua-Krater aktiv! Ja tatsächlich, unterhalb der Felder befindet sich eine Magmakammer und ich habe zumindest Videos gesehen, wo Gasblasen aus dem Wasser hochsteigen. Der Krater hat vor etwa 2300 Jahren das letzte mal eine Eruption erfahren. Durchschnittlich alle 4000 bis 4500 Jahre etwa explodiert der Krater, also haben die Leute im Krater noch ein bisschen Zeit.

Ich bin bereits mehrmals im Krater wandern gegangen und da es leider keinen Rundweg gibt, bin ich meistens einfach runter und irgendwo anderes wieder hoch auf einem der vielen kleinen Gipfel, die rund um den Krater verteilt sind. Auch Zelten war ich einmal unten im Krater, jedoch mit unschönen Wettererfahrungen.

Letztes Wochenende bin ich dann zusammen mit zwei anderen Freiwilligen für zwei Tage vom Dorf Sigchos nach Quilotoa gelaufen. Wer sich daran erinnert: ich habe mal im September einen Bericht geschrieben über den Vulkankrater Quilotoa. Damals bin ich jedoch mit dem Bus hingefahren, jetzt zu Fuß.

Diese zwei- oder dreitätige Wanderung von etwa 40 Kilometern mit vielen Höhenmetern nach Quilotoa wird auch als Quilotoa-Loop bezeichnet und ist einer der bekanntesten und schönsten Wanderrouten Ecuadors. Dementsprechend ist es nicht verwunderlich, dass ich noch nie so viele Deutsche getroffen habe wie hier.

Es hat sich aber trotz schlechtem Wetter am zweiten Tag gelohnt, denn die Andenlandschaft war wunderschön.

Auf jeden Fall werde ich auch die übrigen zwei Monate hier in Ecuador dazu nutzen noch mehr wandern zu gehen…

Nationalpark Yasuní

Wieder einmal hat es mich in den Regenwald verschlagen, diesmal in den Nationalpark Yasuní, den größten Nationalpark Ecuadors. Yasuní gehört zu den globalen Biodiversitäts-Hotspots, hat also eine außergewöhnlich hohe Artenvielfalt.

Dennoch war dieser Ausflug eher eine Kulturreise . Wir haben eine indigene Gemeinde besucht, bei dem wir viel über ihren Alltag gelernt haben. Es kommen nicht viele Touristen dorthin und wir hatten auch nur den Facebook-Kontakt von anderen bekommen. Das merkt man unter anderem später an unserem Guide, der erzählt, dass er hauptsächlich Mais und so anbaut und das nebenbei macht.

Zunächst einmal mussten wir aber dorthin reisen, was 12 Stunden Busfahrt heißt. Zum Glück sind wir über Nacht gefahren und ich habe mal wieder die ganze Busfahrt durchgeschlafen. In einem Ort im Amazonas namens Shushufindi müssen wir dann umsteigen. Hier kommen wir auf der Busfahrt immer wieder an riesigen Gasflammen vorbei. Es sind wohl überschüssige Reste, die die Ölindustrie verbrennt, weil es billiger ist als diese noch zu verwerten. Zufälligerweise bekomme ich während ich die Flammen sehe einen Zeitungsartikel aus Deutschland zugeschickt, wo von diesen Gasfackeln in Shushufindi berichtet wird. Sie sind wohl ein großes Problem für die Gesundheit der Menschen vor Ort. Eine überdurchschnittlich große Krebsrate ist Folge dieser Gasfackeln. Die Luft ist schlecht, das merke ich auch, während ich durch die Straße von Shushufindi laufe, um zur nächsten Bushaltestelle zu laufen.

Zum Glück sind wir aber bald weg von diesem Ort und fahren nach Pompeya weiter, ein kleiner Ort am Río Napo. Dort nehmen wir ein Boot und überqueren den Fluss. Danach geht es noch über ein Holzweg über Wasser entlang, danach mit dem Kanu über eine Lagune und nochmal über einen Holzweg. Nun sind wir endlich bei der indigenen Gemeinschaft angekommen.

Um Vorurteile gleich aus dem Weg zu räumen: die Menschen in dieser indigenen Gemeinschaft leben zwar noch im Regenwald, sind aber sehr stark vom Rest Ecuadors beeinflusst. Sie haben zwar noch ihre alten Bräuche und sprechen Kichwa, sind aber offiziell katholisch, tragen normale Kleidung, haben eine Dorfstraße und besitzen ein gemeinsames Auto. Die Kinder lernen in den ersten Jahren nur Spanisch und gehen ganz normal zur Schule. Es gibt aber tatsächlich auch indigene Gruppierungen im Park Yasuní, die abgeschieden leben und den Kontakt zur Außenwelt meiden.

Zunächst besuchen wir die Mutter des Guides. Sie lebt in einem typischen selbstgebauten Holzhaus, das auf Stelzen steht und damit etwas erhöht ist. Das Dach ist mit Palmblättern bestückt. So ein Haus hält wohl etwa zwanzig Jahre, danach müssen sie ein neues bauen.

Ich habe leider kein Bild vom ganzen Haus, da ich viel zu viel mit den riesigen Hühnern beschäftigt war, die unter dem Haus herum liefen. Ich habe eine Hühnerphobie und da hat man es in Ecuador nicht immer leicht. Die anderen vertreiben die Hühner netterweise für mich, aber das macht es nicht besser, da sie wie kleine schnelle Dinosaurier davonlaufen.

Endlich im Haus angekommen, erzählt uns der Guide, dass sein jüngster Sohn am folgenden Tag von einem Schamanen gereinigt wird, da er seit er ein Baby ist angeblich von bösen Geistern betroffen ist und regelmäßig gereinigt werden muss. Er bietet uns an, dass wir auch eine Reinigung bekommen können, vielleicht die perfekte Gelegenheit meine Hühnerphobie zu überwinden, also sage ich neben zwei anderen zu.

Kleiner Spoiler: ich habe immer noch Angst vor Hühnern.

Es ist trotzdem eine interessante Erfahrung. Man setzt sich vor dem Schaman hin, der normale Kleidung anhat. Er raucht etwas und trinkt Ayahuasca. Danach nimmt er ein Büschel Blätter und streicht damit immer wieder über meinem Kopf. Dabei singt er irgendetwas. Nach etwa 20 Minuten ist er fertig und ich kann aufstehen.

Anschließend machen wir noch eine Nachtwanderung. Außer jede Menge Vogelspinnen sehen wir nicht viel, aber es ist trotzdem schön.

Auch tagsüber sehen wir nicht viel, aber hier und da springen dann doch Affen in den Bäumen herum oder man sieht sehr große Insekten.

Wir haben aber noch sehr viel über deren Kultur und Wissen gelernt. Unter anderem, wo man Wasser findet, wenn nichts in der Nähe ist: einfach eine bestimmte Art Liane aufschneiden und das Wasser daraus trinken.

Sie zeigen uns auch wie man einen Korb aus einer Palmpflanze flechtet. Ich habe etwas länger, nämlich drei Stunden gebraucht und Hilfe bekommen. Es ist am Anfang nicht einfach, aber mit Geduld klappt es.

Auch haben wir eine Papaya gejagt mit einem alten Jagdinstrument. Es werden kleine Pfeile in eine Art Röhre gesteckt und dann wir durchgepustet. Es ist sogar erstaunlich einfach.

Auch sonst haben sie uns viel über ihre Kultur erzählt und wir haben viel gelernt. Es ist eine interessante Erfahrung gewesen.

Das einzige Problem sind die Mücken. Wir kamen mit unzähligen Mückenstichen nach Hause, obwohl wir uns alle in Mückenspray gebadet haben. Da bin ich doch froh, dass es hier in Pomasqui auf 2500m Höhe zwar immer noch Mücken, aber nicht so viele gibt.