Cuyabeno
Bevor ich über meine Reise nach Cuyabeno schreibe, möchte ich kurz etwas über den Feiertag, den „Día de los Difuntos“ (Tag der Toten), der in der gleichen Woche am 2. November stattfand, schreiben.
Es handelt sich hierbei um ein traditionelles Fest, an dem Familien ihre Angehörigen auf dem Friedhof besuchen und ihnen Essen und Blumen vorbeibringen, um sich mit ihnen auf spiritueller Art und Weise zu verbinden, da an diesem Tag die Seelen der Verstorbenen zurückkehren.
Dennoch beginnt man hier bereits vor dem „Día de los Difuntos“ sich gegenseitig einzuladen und die „Guaguas de pan“ zusammen mit „Colada Morada“ zu essen. „Guagua“ ist Kichwa und heißt „Baby“. Das süße Brot ist mit Zuckerguss dekoriert, sodass es wie ein Kind ohne Arme und Beine aussieht. Meist ist es mit Marmelade gefüllt. Die „Colada Morada“, mit der das Brot zusammen gegessen wird, schmeckt aus meiner Sicht wie heiße flüssige Marmelade. Sie besteht aus Früchten wie Mora (eine Art Brombeere), Erdbeere, Ananas und anderen, die zusammen mit Maismehl und Gewürzen wie Zimt und Nelken gekocht werden.
„Guaguas de pan“ und „Colada Morada“
So, und jetzt zu Cuyabeno: Cuyabeno liegt im Amazonas-Regenwald und ist ein Wildtier-Reservat, mehr als doppelt so groß wie Luxemburg. Es liegt nahe zum Dreiländereck mit Kolumbien im Norden und Peru im Osten. Südlich der Reservatgrenze beginnt der Yasuní-Nationalpark, der größte Nationalpark Ecuadors. Zusammen mit dem Yasuní ist das Gebiet einer der artenreichsten Orte der Erde.
Da muss ich natürlich hin. Da es wegen der Feiertage ein verlängertes Wochenende gibt, lohnt es sich die 9 Stunden mit dem Nachtbus bis nach Lago Agrio auf sich zu nehmen. Von Lago Agrio fahren wir mit einem weiterem Bus 2 Stunden bis zur Grenze des Reservats. Von hier aus fährt man noch 2 Stunden mit dem Kanu bis zur Lodge, die mitten im Reservat liegt. Wir werden in zwei Gruppen aufgeteilt. Unser Guide führt uns direkt zu einem der Kanus. Insgesamt sind wir 12 Personen, der Guide, zwei Französinnen, ein Deutscher, zwei Ecuadorianer und ich mit fünf anderen Freiwilligen. Sobald das Kanu losfährt, werden wir zunächst von der Geschwindigkeit überrascht, denn das Kanu hat ein Motor. Ich bereue in diesem Moment meinen Pullover im Rucksack gelassen zu haben, der in einem anderen Kanu mitfährt, denn tatsächlich: ich bin im Amazonas-Regenwald und mir ist ein bisschen kalt. Es ist zwar bewölkt, wir sind auf einem schnellen Boot unterwegs und ich hatte nichts gefrühstückt, aber trotzdem ist es erstmal merkwürdig, denn ich hatte ein tropisch heißes Klima erwartet. Insgesamt ist es auch die nächsten Tage vergleichsweise sehr angenehm, auch wenn es tagsüber in der Mittagssonne schon sehr heiß wird.
Aber eigentlich will ich darüber gar nicht schreiben, sondern viel lieber erzählen wie schön es eigentlich ist, auf diesem Kanu in rauschender Geschwindigkeit über einen Fluss zu fahren, während links und rechts nichts anderes ist als tropischer Regenwald. Ich kann es in diesem Moment gar nicht fassen, tatsächlich im Amazonas-Regenwald zu sein. Alles ist so grün und überall hängen Lianen herunter. Ab und zu halten wir an, um Affen zu beobachten, die von Ast zu Ast springen oder wir entdecken eine Schlange am Ufer.





Nach drei Stunden etwa kommen wir in der Caiman-Lodge an, wo unser Quartier für drei Nächte sein soll. Mitten im Regenwald am Fluss gelegen ist sie wunderschön.


Ab hier muss ich ein wenig kürzen, weil der Beitrag sonst zu lang wird. Ich habe einfach viel zu viel in diesen vier Tagen erlebt, um über alles genau berichten zu können. Cuyabeno ist nicht einfach nur Regenwald, sondern ist nach der Regenzeit auch reich an Wasser. Deswegen sind wir meistens mit dem Kanu unterwegs. Die Bäume stehen teilweise im Wasser und man sieht fast nie das Ufer, da alles bewachsen ist. Neben den Pflanzen und der traumhaften Flusslandschaft, sieht man unterwegs auch immer wieder Tiere, von denen ich leider nicht so gute Fotos habe, da sie oft hoch oben in den Baumwipfeln oder zu schnell sind.






Das Faultier, das wir so 20 Minuten vom Boot aus beobachtet haben, während es einen Ast weiter geklettert ist, ist mein persönliches Tierhighlight. Es erinnert mich an so manche Verwandtschaft. Neben diesen Tieren, von denen ich zumindest ein schlechtes Foto habe, sehen wir noch verschiedene bunte Vögel, darunter auch Tukane, drei verschiedene Affenarten und zumindest nachts in der Ferne die Augen von Kaimanen. Abends gehen wir immer bei Sonnenuntergang in der großen Lagune baden. Am Anfang habe ich ein bisschen Angst ins Wasser zu gehen, da im selben Gewässer nicht nur die Flussdelfine, sondern auch Kaimane, Piranhas und große Anakondas schwimmen. Das Wasser ist das Gegenteil von klar und vielleicht ist es auch gut so, denn ich will nicht wissen, was alles unter mir schwimmt.




An einem Vormittag gehen wir im Regenwald wandern. Immer wieder bin ich plötzlich allein oder nur noch mit zwei anderen Leuten, da ich bei Blattschneiderameisen einfach stehen bleiben muss, einen Baum oder eine Liane hochklettere oder im Schlamm stecken bleibe. Dadurch wird die Wanderung fast schon stressig, da ich zusammen mit ein paar anderen immer der restlichen Gruppe hinterher rennen muss, um nicht verloren zu gehen. Ich hätte am liebsten noch viel länger im Wald verbracht. Es ist ein Paradies, alles ist grün und die Pflanzen sind einzigartig.










Einen anderen Tag haben wir uns mit einer einheimischen Frau getroffen. Hier bin ich mir sehr unsicher, ob das wirklich richtig ist. Hätte die Frau die Wahl, auch anders ihr Geld zu verdienen, oder muss sie ihre Kultur zur Schau stellen? Ich hoffe sie hat die Freiheit, leider weiß ich es aber nicht.









Das Yuca-Brot essen wir mit Salat und Gemüse und Reis. Daneben gibt es noch frische Papaya, Bananenchips, eine Art scharfe fermentierte Yuca-Paste, frittierte Yuca, Zuckerrohr und Guaba. Es ist alles sehr lecker. Später besuchen wir noch zwei Schamanen, aber das war eher eine Show für uns Touristen.
Einen Abend machen wir eine kleine Nachtwanderung von etwa einer Stunde. An jeder Ecke sind Spinnen, von denen viele größer als meine Hand sind. Die Spinnen sind so groß und jede in ihrer Form einzigartig, dass sie schon wieder faszinierend sind und ich keine Angst mehr habe. Ich habe übrigens bei den Fotos nicht gezoomt.






Zum Schluss muss ich noch Stolz erwähnen, dass ich es tatsächlich geschafft habe, ohne Mückenstiche Cuyabeno wieder zu verlassen, was gerade in Hinblick auf die Tatsache, dass es sich hier um ein Malaria-Hochrisikogebiet handelt einfach nur großartig ist. Zum einen habe ich mich konsequent mit Mückenspray eingesprüht und unterm Moskitonetz geschlafen, zum anderen hat aber sicherlich auch geholfen, dass ich mich nicht geduscht habe. Da es sich nämlich um eine Öko-Lodge handelt, kommt das Duschwasser direkt aus dem Fluss, in dem ich sowieso jeden Tag baden war.
Es waren zusammengefasst einzigartige, erlebnisreiche und einfach wunderschöne Tage. Ich werde auf jeden Fall noch öfter den Amazonas-Regenwald besuchen…














